Odenwaldklub
Groß-Zimmern e.V.

wandern mit dem Odenwaldklub



Lorbeerwald, Levadas, Ponchas und noch viel mehr …
Der OWK Groß-Zimmern wanderte mit seinen Gästen auf Madeira


"Aufpassen" – mahnte Wanderführerin Cristella stets, wenn es klitschig und eng wurde oder ein knorriger umgestürzter Baumriese den Weg versperrte. Für ihre Gäste aus Groß-Zimmern hatte die Madeirerin für die Wanderwoche vom 20. bis 27. September fünf Strecken ausgesucht. An drei Tagen waren die Levadas, die berühmten Wasserkanäle, immer an der Seite der Wanderer. Erdacht von den ersten Siedlern im 15. Jahrhundert zum Transport des kostbaren Quellwassers aus dem regenreichen Norden in den sonnigen und regenarmen Süden ist das ausgeklügelte Bewässerungssystem heute für die Einheimischen unverzichtbar für die Bewirtschaftung ihrer Felder. Für die Wanderer ist es ein attraktives Wegesystem. Oft, aber nicht immer, sind die schmalen Pfade entlang der Levadas bequem und eben. Ist für sie kein Platz, gilt es, auf den Randsteinen der Wasserkanäle zu balancieren. Konzentration ist erforderlich, wenn die Wege – zwar meist gut gesichert – ausgesetzt sind oder an steilen Abhängen vorbei oder durch enge und dunkle Tunnel führen.

01.jpgDie OWK-Wanderer in Monte

Dank Cristella war für die Gruppe aus Groß-Zimmern diese Herausforderung gut zu bewältigen. Gerne stoppte die Karawane der 32 Wanderer, wenn Cristella zu einem Ausflug in die Biologie anhob. Zwei Drittel der Fläche Madeiras stehen unter Schutz, weil hier zahlreiche weltweit einzigartige Pflanzen gedeihen. Einzigartig ist der Lorbeerwald, der es sogar bis auf die UNESCO-Liste der Naturwelterbe geschafft hat, weil er 20 Prozent der Fläche Madeiras bedeckt. Groß war das Erstaunen, als Cristella auf mannshohe Bäume verwies und erklärte dies seien Heidelbeeren und Erika. „Auf Madeira gerät halt alles etwas größer und bizarrer“, so der Kommentar einer Mitwandererin. So mancher Eukalyptus oder Stinklorbeer geriet zum Fotomodell, weil der pelzartige Bewuchs mit Flechten und Moosen so bizarr wirkte. Eine Wohltat für die Augen waren die vielen Farne mit ihren so unterschiedlichen Grüntönen und dazwischen immer wieder auch mal etwas Blühendes: eine Hortensie, Falscher Ingwer, Agapanthas und vieles mehr.

02.jpgLevada-Wanderung mit Aussicht

Waren die Levada do Rei und die Levada do Furado wahre Grünoasen, stellte die Levada do Norte ein echtes Kontrastprogramm dar. Start war in Estreito de Câmaro de Lobos an der Südküste, wo die Trauben für den süßen Madeirawein wachsen. Der Wasserkanal und damit auch der Wanderweg führt hier oft dicht an den Haustüren der Bewohner und an den terrassenförmig angelegten Feldern vorbei. Das herrliche Panorama hinunter zum Meer gibt es gratis dazu. Viel Schweiß floss am Ende der Tour, denn nun ging es hinauf zum Cabo Girão, zur zweithöchsten Klippe Europas (580 m). Oben auf dem mit einem Glasboden ausgestatteten Aussichtsbalkon herrschte angesichts der unbeschreiblich schönen Rundblicke unisono die Meinung „diese Anstrengung hat sich gelohnt“.

04.jpgAuf der Halbinsel Ponta Sᾶo Lourenço

Schweißtreibend aber angereichert mit wunderschönen Weitsichten und bei strahlendem Sonnenschein verliefen auch die nächsten Wandertage. Mit einer alpinen Bergfahrt zum Eira do Serado legte Busfahrer Décio ein echtes Meisterstück ab. Vom Aussichtspunkt auf über 1000 m bot sich zunächst ein spektakulärer Blick ins Nonnental, bevor die Beine wieder gefragt waren. Der Abstieg nach Curral des Freiras dauerte lediglich eine Stunde, aber es waren 400 Höhenmeter, die es in sich hatten.

Faszinierende Felsformationen im Osten
Die eindrucksvollste Tour kam zum Schluss: Die Wanderung auf der Halbinsel Ponta Sᾶo Lourenço im Osten. Auf den ersten Blick erscheint die Landzunge, die sich auf neun Kilometer Länge und zwei Kilometer Breite in den Atlantik hinausschiebt als eine vegetationslose Felswüste. Doch aus gutem Grund ist die Region seit 1982 als geologisches Naturreservat geschützt. Faszinierende Formationen aus rötlichem Tuff und dunklem Basalt geben Aufschluss über die vulkanische Entstehungsgeschichte der Insel. Viele – auf den ersten Blick unscheinbare – Pflanzen, wie die Strauchgänsedistel, der Madeira Storchenschnabel, oder die Madeira Levkoje gibt es nirgendwo sonst auf der Welt.

03.jpgFaszinierende Felsformationen

Selbstverständlich gehörte auch das klassische Touristenentdeckungsprogramm zur Wanderwoche. So die berühmten Casa de Colmo in Santana, spitzgiebelige mit Stroh gedeckte farbenfrohe Häuser, die Besichtigung der Inselhauptstadt Funchal und natürlich der Besuch von Monte, das hoch über Funchal thront. Ganz klar, dass auch die legendäre Korbschlittenfahrt unverzichtbar war. Auch dem Gaumen wurde Neues geboten. Nummer 1 unter den Gaumenfreuden war der Poncha. Ein spezielles alkoholhaltiges Getränk auf der Basis von Rum, Honig, Zitronen- und Orangensaft. Keine Frage, dass diese Leckerei dazu geeignet war, einen perfekten Wandertag abzuschließen und die Seele baumeln zu lassen.

Autor: Birgit Eisenlöffel
Fotos: Manfred Timmermann

05.jpgBizarre Waldgestalten
06.jpgUnterm Wasserfall durch