Odenwaldklub
Groß-Zimmern e.V.

wandern mit dem Odenwaldklub


Traumpfade

Riesling, Spätburgunder und Schlösser

Wanderung von Kiedrich nach Oestrich-Winkel

Wer an den Rhein denkt, denkt automatisch auch an Wein, Burgen und Schlösser. Seit 2005 verläuft von Wiesbaden nach Bonn der mit dem Siegel „Premium-Wanderweg“ ausgezeichnete Rheinsteig, auf dessen Route die hier beschriebene Wanderung teilweise verläuft. Sie führt vom gotischen Weindorf Kiedrich über die Schlösser Vollrads und Johannisberg an das Rheinufer in Winkel. Von dort aus kann man entweder auf dem Leinpfad zurückwandern oder mit der Fähre nach Ingelheim übersetzen.

Dabei ist es eine kleine Laune der Natur die das Besondere am Rheingau bewirkt. Im Prinzip fließt der Rhein auf seiner ganzen Länge nach Norden. Lediglich auf dem kleinen Stück zwischen Wiesbaden und Rüdesheim, genau am 50. Breitengrad, wird er vom Taunus nach Westen gezwungen und präsentiert so seine Hänge der Sonne, die der Wein so liebt. Folgerichtig gedeiht hier hauptsächlich die Rebsorte mit der längsten Reifezeit, der Riesling. Da das unseren Vorfahren nicht verborgen blieb, siedelte dort schon früh jeder der es sich leisten konnte, wovon die Burgen und Schlösser heute noch zeugen.

Vom Gotischen Weindorf Kiedrich…

Liebhaber geistlicher Choräle und romantische Hochzeitspaare schätzen gleichermaßen die Kirche aus dem 13. Jahrhundert, in der die Kiedricher Chorbuben noch nach mittelalterlichen Hufnagelnoten singen. Die Wanderung beginnt an der Bushaltestelle am nördlichen Ausgang des Ortes in Richtung Kloster-Eberbach. Nach dem überqueren der Bingerpforten-Straße wählt man von den beiden Wegen, die in die Weinberge führen, den rechten und folgt ihm sanft bergab. Vorbei am Wachholderhof überquert man die Kloster-Eberbacher-Straße (L3320) und passiert den Neuhof. Hier trifft man auf die mit dem gelben „R“ markierte Variante des Rheinsteigs. Weiter verläuft die Strecke zunächst unterhalb der 600 m hohen Hallgartener Zange, nördlich von dem 750 Jahre alten Weinort Hallgarten. Dabei darf man nicht verpassen, vor dem Wasserwerk scharf rechts abzubiegen.

Ab hier beginnt der längste Anstieg der Tour. Immer dem gelben „R“ folgend, wandert man vorbei an Schrebergärten und Schafweiden bis der Weg sich in einer Serpentine auf den Bergrücken schwingt, der die Aussicht auf den Rhein frei gibt.

Blick auf den Rhein zwischen Kiedrich und Hallgarten

Blick auf den Rhein zwischen Kiedrich und Hallgarten

Kurz darauf erreicht man die Rebhangstraße (K694), der man ca. 100 m nach rechts folgt und biegt dann in die Straße zum Schwimmbad und zu den Sportstätten ein. An der Bushaltestelle geht es rechts die Straße hinauf um kurz hinter den letzten Häusern von Hallgarten erneut rechts abzubiegen. Dann wandert man durch die Rebhänge mit dem ständigen Blick auf den ruhig dahin fließenden Rhein bis zum Erreichen des Waldrandes, an dem man zum ersten Mal auf die mit dem blauen „R“ markierte Hauptroute des Rheinsteiges trifft. Von hier oben kann man weit in die Rheinhessische Schweiz hinein blicken. Auch lohnt der Blick zurück über Mainz. Weinberge oberhalb von Hallgarten

Weinberge oberhalb von Hallgarten. Im Tal das Schloss Vollrads, auf dem bewaldeten Bergrücken die Basilika von Johannisberg, im Hintergrund die Rheinhessische Schweiz.

Man folgt dem blauen „R“ immer am Waldrand entlang, vorbei am Modellflugplatz, zu einer großen Schutzhütte, die zur Hauptwanderzeit im September sogar bewirtschaftet ist. Auf einer großen Schautafel kann man sich hier über die mit dem Rheinsteig verbundenen Wanderwege wie dem Flötenweg, informieren. Auf dem gut markierten aber windungsreichen Weg umgeht man die Kühns-Mühle, die dem durstigen Wanderer mittels eines Selbstversorger-Kühlschrankes und der offen stehenden Kasse einen besonderen Service bietet. Kurz nach dem Erreichen des asphaltierten Fahrwegs muss man scharf rechts abbiegen. Die darauf folgende Schutzhütte markiert eine weitere Abbiegung nach rechts. Von hier aus kann man schon die Dächer des Vollradser Schlosses sehen, wie sie neugierig über die Ränder des Talkessels blicken.

Das Schloss Vollrads liegt in einer, von drei Seiten geschlossenen, Senke

Das Schloss Vollrads liegt in einer, von drei Seiten geschlossenen Senke

… zum Schloss Vollrads

Schon bald darauf erreicht man das Schloss Vollrads, eines der ältesten Weingüter der Welt, dessen Kern ein als Wasserschloss errichteter wuchtiger Wohnturm bildet. Bis zum Konkurs gehörte das Schloss den Grafen Matuschka-Creiffenclau, heute der Nassauischen Sparkasse. Aber immer noch werden hier hervorragende Weine gekeltert. Ein Rundgang durch den Innenhof lohnt unbedingt; schon wegen der großen Karpfen im Schlossteich oder um einen der hervorragen Rieslingweine zu verkosten.


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Hauptportal von Schloss Vollrads

Hauptportal von Schloss Vollrads

Wohnturm und Karpfenteich im Schlosshof

Wohnturm und Karpfenteich im Schlosshof

Verziertes Nordportal

Verziertes Nordportal

Nachdem man den Schlosshof wieder durch den Haupteingang verlassen hat, umgeht man die mächtigen Gebäude nach rechts um dann in einer Linkskurve wieder auf die Höhe zu gelangen. Von hier aus sieht man gut den hohen Sockel, auf dem die romanische Basilika und das Johannisberger Schloss thronen. Hier wechselt die Wegmarkierung oft mit dem stilisierten Weinglas des „Rheingauer Rieslingpfades“, der aber auf der selben Route verläuft. Auf ihr erreicht man die Straße „Am Erntebringer“ (K631), der man ca. 150 m in Richtung des Dorfes Johannisberg folgt. Unmittelbar vor Erreichen der geschlossenen Bebauung überquert man die Straße und folgt weiter dem Riesling-Glas in Richtung Rhein.

Gartentürchen. Rosen dienen den Weinbauern als Indikatorpflanzen für den Befall mit Mehltau

Gartentürchen. Rosen dienen den Weinbauern als Indikatorpflanzen für den Befall mit Mehltau

Romanische Basilika auf dem Johannisberg

Nach ca. 400 m biegt man rechts ab und steigt direkt hinauf zur romanischen Basilika „St. Johannes der Täufer“, die nach mehrfacher Zerstörung in den strengen romanischen Formen im Stil des 12. Jahrhunderts wieder errichtet wurde. Der Chorraum besticht durch die klaren schnörkellosen Linien.

Basilika St. Johannes der Täufer

Basilika „St. Johannes der Täufer“


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Der Geburtsort der Spätlese

Unmittelbar daran schließt sich Schloss Johannisberg an, das als Erfindungsort der Spätlese gilt. Man erzählt, dass die dort ansässigen Mönche in jedem Jahr beim Fuldaer Fürstabt um die Genehmigung zur Weinlese bitten mussten. Als sich im Jahre 1775 der Meldereiter um acht Tage verspätete, und die überreifen, von einem Pilz befallen Trauben gekeltert wurden, stellte man überrascht fest, dass der Wein besonders gut gelungen war. Im Herbst bilden sich bei sonnigem, warmem Wetter in der Rheinebene oft Frühnebelfelder die das Wachstum der „Edelfäule“ genannten Schimmelpilze begünstigen. Durch mikrobiologische Prozesse entsteht so eine Konzentration der Inhaltsstoffe in der Traube. Die auf Schloss Johannisberg produzierten Weine gehören auch heute noch zu den edelsten Tropfen.

Hauptportal von Schloss Johannisberg

Hauptportal von Schloss Johannisberg

Das Schloss hat eine äußerst wechselvolle Geschichte hinter sich. Da es nach den Wirren der napolionischen Kriege dem österreichischen Außenminister Metternich für seine Verdienste beim Wiener Kongress geschenkt wurde, vermarktet der heutige Besitzer, die Oetker-Gruppe, die aus den Johannisberger Grundweinen erzeugten Sekte unter dem Namen „Fürst von Metternich“. Die bekannten Marken „Söhnlein“, „Mumm“ und „Henkel“ gehören ebenfalls dazu. Alljährlich finden dort Konzerte des Rheingau-Musikfestivals statt.

Absolut erlebenswert ist die Aussichts-Terrasse des Schlosses. Hier kann der Blick weit über den gesamten Rheingau schweifen. Insbesondere sieht man von hier aus den Rochusberg mit der Kapelle, Bingen mit dem Binger Loch, Geisenheim, Rüdesheim, das Niederwalddenkmal und die von Hildegard von Bingen gegründete Abtei „St. Hildegard“ bei Nothgottes.

Durch eine Rebenpergola geht es zur Aussichtsterrase

Durch eine Rebenpergola geht es zur Aussichtsterrase

Klimawandel und globale Erwärmung

Der Legende nach soll Kaiser Karl der Große von seiner Pfalz in Ingelheim auf der anderen Rheinseite beobachtet haben, dass auf dem Johannisberg der Schnee im Frühjahr zuerst schmolz. Daraufhin ordnete er dort das Anlegen des ersten Weinbergs an. Wegen der engen Beziehung zwischen Weinbau und Klima gibt es seit langer Zeit sehr präzise Wetteraufzeichnungen vom Johannisberg. Danach hat sich der Beginn der Weinlese in den letzten 100 Jahren um fast einen Monat nach vorne verschoben. Den Hauptanteil dürfte daran die Erwärmung des Rheinwassers durch Kraftwerke und Industrieanlagen verursacht haben.


Von nun an geht’s bergab…

… nach Winkel, das z.B. durch das älteste Steinhaus Deutschlands, das „Graue Haus“ und das Brentano-Haus bekannt ist. Wenn man sich endlich von der grandiosen Aussicht auf der Schlossterrasse losreißen kann, geht man zurück auf den Vorplatz und dort den linken Weg in Richtung Dorf bis an die Metternich-Straße (L3272). Dort biegt man scharf links ab und folgt dem oberen, linken Weg weiter durch den Friedhof in die Weinberge, zunächst Richtung Ankermühle. Unterhalb des Johannisberges hat man den besten Blick auf das Schloss und die Basilika.

Schloss Johannisberg von Süden, links ist die Aussichtsterrasse

Schloss Johannisberg von Süden, links ist die Aussichtsterrasse

Schloss Johannisberg und Basilika von der Ankermühle aus gesehen

Schloss Johannisberg und Basilika von der Ankermühle aus gesehen

Unterhalb des Schlosses verläuft der 50. Breitengrad, der auch durch die Stadt Mainz führt.

Unterhalb des Schlosses verläuft der 50. Breitengrad, der auch durch die Stadt Mainz führt.

Blick auf Winkel und Ingelheim

Blick auf Winkel und Ingelheim

An einem Teich biegt man links ab auf einen Wiesenweg, dem man bis zu den ersten Häusern von Winkel folgt, überquert eine schmale Fußgängerbrücke und erreicht über einen Parkplatz die Hauptstraße. Nach ca. 200 m geht man rechts durch die Reifsteckengasse zum Reinufer.

Der berühmte Oestricher Weinverladekran

Den berühmten Oestricher Weinverladekran erreicht man ca. 2 km weiter den Leinpfad stromauf gehend. Unweit davon befindet sich auch die Fähre nach Ingelheim.

Autor: hjb

Download der GPS-Daten: Rheingauwanderung2012.gpx und GPS-Track auf Open-Streetmap-Karte anschauen.

Weitere Informationen erteilen gerne die Wanderwarte des OWK.