Wanderbuch 90 Jahre OWK Gr-Zi
(27) Fischbachtal
VON HANS-JÜRGEN BADIOR
KURZGEFASST:
Streckenlänge: 14.5 km
(13 km über Hottenbacher Hof)
Auf– und Abstieg: ca. 550 m
Start und Ziel: Niedernhausen
Wanderzeichen:teilweise F1
HIGHLIGHTS:
Zwölf Apostel
Ausblicke bis zu Taunus
Ringwall Heuneburg
Steingeröll
Schloss Lichtenberg
TIPP:
Als Ergänzung zur Tour vom Parkplatz Heuneburg dem „Pfad der Geschichte“ (Wanderzeichen F2) folgen. An 20 Stationen wird auf Infotafeln die Geschichte des Odenwaldes von seiner geologischen Entstehung vor 340 Millionen Jahren bis in die Neuzeit erläutert.
Alemannen, Renaissance und Allgäuimpressionen
Eigentlich habe ich nur Lieblingswanderungen, aber für mich ist und bleibt das schönste Tal des nördlichen Odenwalds das Fischbachtal. Hier trifft die liebliche allgäuartige Landschaft mit geologischen und frühgeschichtlichen Sehenswürdigkeiten sowie dem bekannten Renaissanceschloss zusammen.
Niedernhausen und Lichtenberg im Fischbachtal
STEILER BEGINN
Wir starten im Hauptort des Fischbachtals, in Niedernhausen. Unmittelbar hinter dem Brunnenwirt biegen wir links in die Nonroder Straße ein, überqueren den Fischbach und folgen dem Uferweg unmittelbar hinter der Brücke bis zur Straße Am Gernböhl. Von nun an geht es steil bergauf und man tut gut daran, langsam zu beginnen. Nach wenigen Metern erscheint bald das Wanderzeichen des Fischbachtaler Panoramawegs F1, dem wir bis Nonrod folgen können. Unmittelbar an der Nonroder Straße (K 73) lockt eine Ruhebank. Eine Pause dort belohnt mit einem traumhaften Ausblick auf Niedernhausen und Lichtenberg. Wenn man sich davon wieder losreißen kann, geht es weiter durch ein Wäldchen und vorbei am Fußballplatz. Wesentlich bekannter als der 1. FC Niedernhausen-Lichtenberg ist das alljährlich dort stattfindende Nonstock–Musikfestival.
ÜBER MEßBACH UND STEINAU
Am Ortsausgang von Nonrod verlassen wir das Wegzeichen F1 und wandern rechts den Asphaltweg hinaus, der uns mit fantastischen Fernblicken belohnt. Steil geht es nach Meßbach hinab. An der Rimdidimstraße wenden wir uns für etwa 180 Meter nach links, wo wir wieder auf den Panoramaweg F1 treffen, der uns nach rechts auf den Steinauer Weg leitet, dessen Fernblicke sogar noch die des Meßbacher Wegs übertreffen. Das Zeichen F1 leitet uns über die Hauptstraße von Steinau zum Klingerweg, über den wir nach rechts das Dorf verlassen und der uns erneut durch tolle Aussichten auf Steinau und Billings erfreut. Unverständlicher Weise will uns das Wegzeichen zur Lichtenberger Straße (L 3102) leiten, was wir aber ignorieren, und weiter geradeaus bis zu einem Holzlager gehen. Wenn wir erst hier die Straße überqueren, muss man sie nur wenige Meter begehen, denn hinter dem Schrebergarten treffen wir wieder auf die Fortsetzung des Wanderweges F1, der uns über die Wiese hinauf zur Dieter-Held-Hütte leitet.
ZUR HEUNEBURG
An der Dieter-Held-Hütte gilt es sich zu entscheiden: Sportlich hinauf zum 376 Meter hohen Altscheuer, um den „Atem der Geschichte“ zu spüren (in der Karte rot gezeichnet) oder sanft hinab über den Hottenbacher Hof, der an Wochenenden regionale Spezialitäten anbietet (in der Karte blau gezeichnet)? In jedem Fall verlassen wir ab hier den Panoramaweg F1.
Blick auf Steinau Heuneburg
ALEMANNEN STATT KELTEN
Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte lang war alles klar: Die Heuneburg ist ein keltischer Ringwall. Der Wissenschaft eigen ist jedoch auch ein ständiger Erkenntnisgewinn und so gilt es heute als sicher, dass es alemannische Stämme waren, die oben auf dem 376 Meter hohen Altscheuer residierten.
KRIEGSLIST
Bekanntlich war die Menschheit schon immer sehr erfinderisch, wenn es galt, dem bösen Feind nach dem Leben zu trachten. So kann man an der Heuneburg eine Verteidigungsanlage finden, die einer Aalreuse abgeschaut sein könnte. Durch ein erstes schwach befestigtes „Zangentor“ konnte der Feind in eine schmale, gekrümmte Gasse eindringen, an deren Ende erst das eigentliche Tor war. Für die Bewohner war es dann ein Leichtes, von ihrem aus Holz, Steinen und Erde bestehenden Wall herab, die eingeklemmten Eindringlinge zu meucheln.
RÖMISCHE ZEIT
Offenbar haben sich schon die Römer der Dienste der Alemannen bedient, indem sie sie für Wächterdienste bezahlten, während sie selbst sich mit den Germanen balgten. Das Ende der alemannischen Besiedlung kam durch eine verlorene Schlacht mit den Franken.
Schildkroete
Am Steingeröll
Bollwerk Lichtenberg
Wir entscheiden uns natürlich für die Gipfeltour und folgen zunächst dem Hinweis zur Kernbacher Hütte, die aus einer Köhleransiedlung hervorgegangen ist. Unmittelbar hinter der Hütte treffen wir auf den mit J1 bezeichneten St.-Jost-Pilgerweg der geradewegs zum Ringwall führt. Kundige werden bereits vor der Heuneburg — etwa dort wo der Mobilfunkmast steht — die vorgelagerten ehemaligen Verteidigungsanlagen erkennen. Für den eigentlichen Ringwall müssen wir den Hauptweg kurz verlassen und ggf. über umgestürzte Bäume steigen, denn sie haben hier auf dem Gipfel besonders unter den trockenen Sommern zu leiden.
ABWÄRTS ÜBER DIE „SCHILDKRÖTE“ UND DAS STEINGERÖLL
Zurück auf dem Wanderweg gehen wir geradeaus weiter, auch wenn nach etwa 200 Metern das Zeichen J1 nach rechts abbiegt. Denn die geologischen Schmankerl sollten wir uns nicht entgehen lassen. Ein schmaler Pfad führt nach weiteren 200 Metern rechts zu einer erstaunlichen Felsformation für die der Name „Schildkröte“ noch die sittsamste Bezeichnung ist. Zurück auf dem geraden Weg treffen wir bald darauf an eine Weggabelung an der wir uns für den Rundweg 4 entscheiden, denn nur der führt vorbei am Steingeröll, einem kleinen Felsenmeer. Auf dem Weiterweg nach Lichtenberg sollte man auch auf die Wegbefestigung achten, denn bis heute weiß man noch nicht, warum sich unsere Vorfahren derart viel Mühe damit gemacht haben. Eigentlich hatte dieser Weg keine praktische Verwendung und so vermutet man religiöse oder kulturelle Gründe.
ESELSBRUNNEN UND RENAISSANCESCHLOSS
Unser Weg führt uns zum Parkplatz Heuneburg, vorbei an den ersten Häusern von Lichtenberg, wo wir wieder auf unser Wegzeichen F1 treffen. Am Parkplatz Riedbusch überqueren wir die Waldstraße (L 3107). Auf der anderen Seite erwartet uns der Eselsbrunnen, von dem aus die störrischen Huftiere das Trinkwasser nach Lichtenberg transportierten mussten, bis nach 1890 eine Wasserleitung gebaut wurde. Auf schmalem Pfad und über Treppen erreichen wir die Dorfmitte. Ein Abstecher zum Bollwerk lohnt sich schon wegen der Aussicht. Dann sind es nur noch ein paar Schritte zum Schloss. Der Abstieg zurück nach Niedernhausen führt über den steilen Fußweg und die Lichtenberger Straße.
GPS-Track zum Download:
Download der Datei "Heuneburg.gpx"
oder
Den Track auf Open-Streetmap-Karte ansehen
Höhenprofil:
BURG UND SCHLOSS LICHTENBERG
Dort, wo heute das von Landgraf Georg I. um 1570 erbaute Renaissanceschloss steht, stand vorher eine mächtige Burganlage der Katzenelnbogener Grafen, die auch über die Ländereien des Klosters Lorsch herrschten. Von der ehemaligen Burg sind nur noch die östliche Außenmauer und einige Fensteröffnungen erhalten.
Lichtenberg war das erste Renaissanceschloss im südhessischen Bereich und diente damit als Vorbild u.a. auch für das Darmstädter Schloss. Es wurde Ausgangspunkt für die Jagd und zeitweise auch Witwensitz der Landgräfinnen. Während des dreißigjährigen Krieges wohnte die landgräfliche Familie dauerhaft in Lichtenberg aus Furcht vor der in Darmstadt grassierenden Pest und vor den durchziehenden Heeren.
BOLLWERK
Das vor der Burgbefestigung und dem Stadttor liegende Bollwerk verdankt seine Existenz der Erfindung des Schießpulvers. Von hier aus war es möglich, mit den weit reichenden Waffen die Umgebung und alle Zufahrtswege zu beherrschen.
Die Festung Lichtenberg wurde auch im Dreißigjährigen Krieg nie erobert. Die meisten Dörfer des Fischbachtales waren jedoch auf Grund von Überfällen und Seuchen nach Ende des Krieges nahezu ausgerottet.
Kartenausschnitt mit eingezeichneter Wanderstrecke: