Odenwaldklub
Groß-Zimmern e.V.

wandern mit dem Odenwaldklub

Wanderbuch 90 Jahre OWK Gr-Zi
Wandern und Gesundheit

Von Dr. med. Hannelore Weber
Ärztin für Allgemeinmedizin

Autorinohne

DAS BRAUCHT MAN ZUM WANDERN:

▶ Passende Wanderschuhe und Socken, um Druckstellen und Blasen zu vermeiden,
▶ Kopfbedeckung, bei Sonne: Sonnenschutz und Sonnenbrille,
▶ Regenschutz(Regenjacke, Regenschirm)
▶ Wanderrucksack
▶ Schnelltrocknende Wanderkleidung(Zwiebelschalenprinzip)
▶ Wanderstöcke zur Entlastung und Stabilisierung (besonders bei Gelenkproblemen)
▶ Wanderkarte, Mobiltelefon, Fernglas ...

Verpflegung:
▶ Trinkflasche(ein Liter für eine Halbtags- und zwei Liter für eine Ganztagswanderung)
▶ Brotzeit, Energieriegel, Obst

Erste-Hilfe-Set:
▶ Blasenpflaster, Sonnencreme, Taschentücher, Sitzkissen

Allgemein gilt: „So viel wie nötig, so wenig wie möglich!“

Heilmittel Wandern

Viele Menschen sitzen täglich viele Stunden vor dem Computer – sei es beruflich oder als Freizeitvergnügen. Gesundheitsschäden sind häufig die Folge. Wie kann man dem entgegenwirken? Leidenschaftliche Wanderer sind überzeugt, Bewegung in der freien Natur tut dem Körper und der Seele gut. Stimmt das?

DIE WISSENSCHAFT IST SICH EINIG

Zahlreiche Untersuchungen haben die gesundheitlichen Aspekte des Wanderns unter die Lupe genommen, um die Frage zu beantworten: Was macht das Wandern mit uns? Zwei Studien sollen hier genannt werden: Eine aus dem Jahr 2012, durchgeführt vom Institut für Leistungsdiagnostik und Gesundheitsförderung an der Martin Luther Universität Halle Wittenberg unter Leitung von Professor Dr. Kuno Hottenrott. Die andere aus dem Jahr 2019 von der SRH Hochschule für Gesundheit in Karlsruhe unter Leitung von Prof. Dr. Tobias Erhard in Kooperation mit der BKK Pfalz. Beide Untersuchungen kommen zusammenfassend zu folgenden Aussagen:

REGELMÄßIGES WANDERN

▶ reduziert das Körpergewicht,

▶ erhöht die Ausdauer und stärkt das Herz-Kreislaufsystem,

▶ verbessert das Gleichgewicht und reduziert damit die Sturzhäufigkeit,

▶ macht glücklich und

▶ ist nachhaltig.


Hinzu kommen die Ergebnisse einer Gesundheitsstudie zum Thema Wandern, die Rainer Brämer vom Deutschen Wanderinstitut zusammengetragen hat.

Waldschäden

Demzufolge hat Wandern auch positive Wirkungen auf

▶ unseren Stoffwechsel (Verbesserung der diabetischen Stoffwechsellage und des Fettstoffwechsels),

▶ unser Immunsystem (Menschen, die sich häufig in der Natur bewegen, werden seltener krank),

▶ unsere Atemwege (Atemzugvolumen und Lungenvitalkapazität steigen, der Widerstand im nasobronchialen System sinkt),

▶ Skelett und Muskelsystem (Knochen, Sehnen, und Bänder werden stabilisiert, Haltemuskulatur trainiert),

▶ die psychische Regulation (Stressabbau, Stimmungsaufhellung durch vermehrte Produktion körpereigener Hormone und Botenstoffe),

▶ die soziale Integration (Spannungsabbau durch Bewegung in der Natur reduziert u.a. die Aggressivität, verbessert das Sozialverhalten von auffälligen Jugendlichen und verringert psychosomatische Beschwerden),

▶ die mentale Aktivierung (Verbesserung der Hirndurchblutung und Verlangsamung des altersbedingten Abbaus von Nervengewebe)

▶ Anti-Aging (Verbesserung der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit).


Also kann man feststellen: regelmäßiges Wandern führt — ohne Medikamente — zu einer umfassenden Stabilisierung von Leib und Seele. Und das nicht nur bei Älteren!

VORBEUGEN IST BESSER ALS HEILEN

Wandern wirkt präventiv, aber auch rehabilitierend bei Menschen mit Einschränkungen. Daher ist das Wander- und Walkingangebot nach Gelenkoperationen, nach Herzinfarkten, nach Tumorerkrankungen, aber auch aus dem Betreuungsangebot von Patienten mit Demenz, um nur einige Indikationsbereiche zu nennen, nicht mehr wegzudenken.

Wir sollten aber auch den geselligen Aspekt nicht vergessen. Der Gedankenaustausch mit Gleichgesinnten ist nicht nur für Alleinlebende wichtig. Er wirkt entspannend und häufig wie eine kleine Psychotherapie.

WIE MACHT MAN SICH WANDERFIT?

Für gesunde Menschen sind leichte Wanderungen meist kein Problem. Trotzdem ist für einen Wanderanfänger folgendes zu beachten: Wandern ist Ausdauersport, daher sollte die Belastung langsam gesteigert werden, um Überlastungen im Herz-Kreislauf-System und im orthopädischen Bereich zu verhindern.

ALLGEMEINE TIPPS FÜRS TRAINING:

▶ Wir beginnen langsam mit einer kontinuierlichen Belastung bei geringer Intensität.

▶ Wir sollten regelmäßig trainieren, d.h. zwei bis dreimal pro Woche etwa 30 bis 60 Minuten bei einer Herzfrequenz je nach Fitnesslevel von 160 (bzw. 180) minus Lebensalter. Puls und Atmung sollten sich im „Wohlfühllevel“ befinden, also eine Unterhaltung möglich sein)

▶ Umfang steigern statt Intensität

▶ Ergänzend sollten Koordinations- und Balanceübungen durchgeführt werden, um Stürze zu vermeiden

▶ Der Wanderer sollte sich auch an die Ausrüstung gewöhnen (denn auch das Tragen eines Rucksackes stellt eine ungewohnte Belastung für unseren Bewegungsapparat dar).

Allgemein gilt: Langsam anfangen (flache Wanderstrecke zwei bis fünf Kilometer, langsames Wandertempo, zwei- bis dreimal pro Woche), dann die Wanderlänge, das Wandertempo und Streckenprofil langsam steigern und dabei auf Puls, Atmung und Schweiß achten. (Bewegung im Wohlfühllevel).

Um uns die Freude am Wandern zu erhalten, sollte unser Ziel ein „schmerzfreies Wandern“ sein. Die Muskeln gewöhnen sich relativ schnell an die Belastungen. Ein anfänglicher Muskelkater verschwindet relativ zügig. Ein verspannter Nacken, ein schmerzender Rücken, eine zwickende Hüfte oder Schmerzen im Knie sind häufig Gründe, warum Menschen mit dem Wandern wieder aufhören. Der passive Bewegungsapparat (Knorpel, Sehnen, Bänder) benötigen viel mehr Zeit, um sich an die Belastungen anzupassen. Diese Zeit müssen wir unserem Körper lassen und ihn dabei unterstützen.

Wandern mit Genuss, ergänzend Gymnastik und Muskelaufbau, um auch langfristig die Freude an der Bewegung zu erhalten. Das sollte unser Ziel sein. Mit anderen Worten: runter vom Sofa, hinaus in die Natur.

HeilWandBrueckeWandern wirkt entspannend wie eine kleine Psychotherapie