OWK Groß-Zimmern wird 90 und feiert mit Wanderbuch
90 Jahre jung wird der Odenwaldklub Groß-Zimmern im Juli, eigentlich ein Grund für eine große Geburtstagsparty. Doch die schließt sich in Pandemiezeiten aus. Stattdessen feiert der Verein sein Jubiläum mit der Herausgabe des Wanderbuchs „Wanderbares Zimmern“.
Auf 120 Seiten findet der Leser 28 reich bebilderte und ausführlich beschriebene Wanderungen für die individuelle Freizeitgestaltung. Ein Teil der Touren startet direkt vor der Haustür in Groß-Zimmern, andere in der näheren Umgebung oder im Vorderen Odenwald. Selbst wer das weitere Umfeld erkunden will, wird im OWK-Wanderbuch fündig. Denn die Wanderführer haben ihre persönliche Lieblingswanderung beigesteuert, und diese führte sie auch in den südlichen Odenwald, den Taunus, die Rhön oder in die Pfalz.
Eine Wanderkarte mit QR-Code ergänzt die Beschreibung und erleichtert das Nachwandern. Viele Zusatzinformationen über Sehenswürdigkeiten vor Ort bereichern die Beschreibungen.
Selbstverständlich darf in einem Wanderbuch anlässlich des 90. Jubiläums des Odenwaldklubs Groß-Zimmern ein historischer Rückblick nicht fehlen. In einer Grafik lassen sich auf einen Blick alle wichtigen Meilensteine des Vereins ablesen. (siehe weiter unten: „Zeitstrahlˮ) Ein besonderes Highlight ist das Interview mit dem Ehepaar Neumann: damals wars ... In vielen Jahrzehnten ehrenamtlicher Tätigkeit haben sie den Verein geprägt und plaudern nun anlässlich des Jubiläums aus dem Nähkästchen.
Weitere Themen wie der gesundheitliche Aspekt des Wanderns, der Zustand des Groß-Zimmerner Waldes oder die Veränderungen in der Natur runden das Buch ab.
„Wanderbares Zimmern“ ist für jeden Naturliebhaber – auch für Nichtwanderer – durchaus einen Blick wert. Denn 150 erstklassige Natur- und Landschaftsmotive machen das Buch zu einem Augenschmaus.
OWK-Groß-Zimmern 1931 – 2021
Nach 90 Jahren so agil wie damals
Der OWK Groß-Zimmern blickt im Juli 2021 auf eine 90-jährige, wechselvolle Geschichte zurück. Das Gründungsjahr 1931 fiel in eine turbulente Zeit, geprägt von großer Not in weiten Teilen der Bevölkerung und politisch gewaltsamen Auseinandersetzungen. In Dieburg bestand damals bereits eine Ortsgruppe, an der sich wanderfreudige Groß-Zimmerner rege beteiligten. So war es nicht verwunderlich, dass bei einer Wanderung des in Groß-Zimmern bestehenden Stenographenvereins, an dem auch viele OWK-Mitglieder teilnahmen, der Entschluss gefasst wurde, eine eigene Ortsgruppe zu gründen.
Am 21. Juli 1931 war es soweit: 15 junge Männer trafen sich in der ehemaligen Gaststätte „Georgi“ in der Bahnhofstraße, um die Ortsgruppe Groß-Zimmern zu gründen. Schon am 26. Juli 1931 fand die erste Wanderung statt. Sie führte von Reinheim über Ueberau, Nieder-Klingen, Ober-Klingen, Hassenroth und Otzberg nach Lengfeld. Hin- und Rückfahrt erfolgten mit der Bahn.
Zwölf Wanderungen im Jahr von Anfang an
Der Verein erfreute sich in den kommenden Jahren wachsender Beliebtheit. Selbst in den Kriegsjahren, außer im Jahr 1945, wurden im Schnitt zwölf Wanderungen pro Jahr durchgeführt. Nach kurzer Unterbrechung startete das Vereinsleben ab Juni 1946 aufs Neue.
Der wirtschaftliche Aufschwung der Nachkriegszeit gab dem Odenwaldklub starken Auftrieb. Die wachsende Mobilität der Bevölkerung und der Wunsch zu reisen ließ das Interesse an der Erkundung der näheren Heimat steigen, und immer mehr Menschen schlossen sich dem OWK an.
Dem langjährigen Vorsitzenden Dr. Korell gelang es in dieser Zeit, den Honoratiorenverein der Vor- und Nachkriegsjahre zu einem für alle Bevölkerungsschichten offenen Klub umzugestalten. Dies begann 1951/52, als das Ehepaar Korell eine Jugendgruppe aufbaute, bei der nicht der Status des Elternhauses ausschlaggebend war, sondern die Freude der Jugendlichen an der Natur. Auch seinen Patienten verordnete der Mediziner gerne das Wandern als Therapie gegen diverse Wohlstandsbeschwerden.
Markenzeichen Kochmannschaft und Birkenruhe
Die attraktiven Angebote machten den Klub immer populärer und ließen die Zahl der Teilnehmer erfreulich ansteigen. Zwei Einrichtungen – die Kochmannschaft und die Birkenruhe – wurden zum Markenzeichen des Vereins. Die Kochmannschaft gründete sich, um den Wanderern eine preiswerte Alternative zur Einkehr in eine Gastwirtschaft zu bieten. Mehrmals im Jahr versorgte die Kochmannschaft die Wanderschar mit schmackhaftem Essen in freier Natur. Nach dem Jahr 2000 wurde es jedoch immer schwieriger geeignete Plätze sowie ehrenamtliche Köche zu finden, sodass dieser Service eingestellt wurde.
Das Vereinsheim Birkenruhe im Zimmerner Wald wurde zum 40-jährigen Bestehen des Klubs fertiggestellt und eingeweiht. Es entwickelte sich bald zu einem Seniorentreffpunkt und war lange Jahre Mittelpunkt des Vereinslebens. Anfangs waren es Mitglieder, die aus Idealismus den Betrieb der Birkenruhe führten, später übernahmen verschiedene Pächter diese Aufgabe. Aber im vergangenen Jahrzehnt zeigte sich immer mehr, dass ein wirtschaftlicher Betrieb der Birkenruhe nicht möglich war, und der Verein entschloss sich zur Aufgabe.
Breites Angebot bis heute
Viele andere Neuerungen der ersten Jahre haben dagegen bis heute Bestand. So wurde aufgrund der großen Teilnehmerzahl schon bald nicht mehr nur in einer Gruppe gewandert, sondern es wurden zwei Gruppen mit unterschiedlich langen Strecken angeboten. Aktuell sind es bis zu fünf Kleingruppen, um den pandemiebedingten Auflagen, aber auch den unterschiedlichen Bedürfnissen der Teilnehmer gerecht zu werden.
Auch ist in den frühen Wanderbüchern dokumentiert, dass an den Wanderungen nicht nur OWK-Mitglieder teilnahmen, sondern auch viele Gäste. Dies ist bis heute so geblieben. Als der OWK Groß-Zimmern im Juni 2021 nach der pandemiebedingten achtmonatigen Zwangspause endlich wieder zu einer gemeinsamen Wanderung einladen durfte, meldeten sich 56 Teilnehmer – knapp die Hälfte gehörte nicht der Zimmerner Ortsgruppe an.
Beliebt bei den Seniorinnen und Senioren des Vereins ist bis heute die monatliche Werktagswanderung - früher nur „Mittwochswanderungˮ, die in den Nachkriegsjahren neben den monatlichen Sonntagswanderungen eingeführt wurde. Zu einer festen Tradition ist auch die Nikolauswanderung geworden, bei der der Nikolaus Kinder und Enkel der Mitglieder sowie Gastkinder in stimmungsvoller Atmosphäre im Wald beschenkt.
Schon früh standen auch Mehrtageswanderungen auf dem Wanderplan. 1976 startete eine alpine Wandergruppe zu ihrer ersten Tour. In den 1980-er Jahren waren die Wochenwanderungen auf dem Fernwanderweg E1 von Flensburg bis zum Bodensee und nach 2000 vom Bodensee bis Lugano die Höhepunkte im Vereinsleben. Das umfangreiche Wanderangebot des Vereins beinhaltet seither mindestens eine Mehrtageswanderung pro Jahr in die deutschen Mittelgebirge oder ins europäische Ausland.
Seit 1982 gibt es darüber hinaus als kulturelles Angebot auch einen Singkreis, der sich einmal monatlich in geselliger Runde trifft, um Heimat- und Wanderlieder zu singen.
Natur genießen mit allen Sinnen
Wandern in der Gruppe in freier Natur und frischer Luft dient der Erholung der Menschen vom Alltag, hält fit und vermittelt dem aufmerksamen Wanderer nebenbei noch viele Kenntnisse über die Natur und das Wandergebiet.
Wie vor 90 Jahren steht auch heute beim OWK Groß-Zimmern Beschaulichkeit und Geselligkeit im Vordergrund, nicht der Sport. Wanderfreundinnen und -freunde wollen vor allem genügend Muße haben, die Landschaft und die Natur mit allen Sinnen zu erfahren. Ehrgeiz als erster am Ziel zu sein oder möglichst viele Kilometer zurück zu legen, also das Leistungsdenken aus dem Alltag, spielte und spielt beim Odenwaldklub keine Rolle.
Autorin: Birgit Eisenlöffel
Zeitstrahl
In der foglenden Grafik lassen sich auf einen Blick alle wichtigen Meilensteine des Vereins ablesen.
Hinweis: Mit dem Scrollbalken unten lässt sich das Bild im Rahmen verschieben.